
Eine etwas provokante Überschrift, zugegeben. Was steckt dahinter? Digitalisierung ist das Schlagwort der Zeit. Die Rezepte beim Arzt, die Krankenakte auf dem Chip, das Ummelden eines Autos und vieles andere mehr soll digitaler, sprich einfacher, schneller, mit weniger bürokratischem Aufwand geschehen. Ob es gelingt und was die Nebeneffekte sein werden, wird sich zeigen. Dass weniger Bürokratie und weniger Warten bei den Ämtern willkommen ist, steht dabei außer Frage. Die Bundesregierung möchte auch die sog. KI, also Künstliche Intelligenz, nutzen, um den Bürgerdialog zu erleichtern.
Hinter sogenannter Künstlicher Intelligenz stecken Algorithmen, manche sagen auch: Modelle. Das bedeutet, dass Computersoftware Datenbanken durchforstet, massenhaft Texte und Bilder analysiert, nach Mustern durchsucht, Fehler ausbügelt und dadurch in dem, was sie von sich gibt, immer „menschlicher“ wird. Am Ende weiß man als Kunde oder Klient nicht mehr, ob man mit einem Computer oder einem Menschen kommuniziert hat. Man kann beobachten, dass Menschen eine grundsätzliche Aversion gegen diese „Maschinen“ haben, andere hingegen sind offener und bereit, mit ihnen zusammenzuarbeiten
Nun hat eine Studie ein beachtenswertes Ergebnis gebracht. Die Forscher, Mustafa Karatas und Keisha M Cutright, hatten zunächst nur als These aufgestellt, dass Menschen, in deren Denken Gott oder allgemein Religion eine Rolle spielen, eher geneigt sein könnten, den Ratschlägen von Maschinen als von Menschen zu vertrauen. Ihre These haben sie mit verschiedenen Versuchen getestet und es sieht tatsächlich so aus, als ob sie Recht hätten. Die Logik dahinter: Gläubige Menschen sehen eher die Begrenztheit des Menschen und schauen nach einer „höheren Macht“. Das liegt in der Natur der Religion, nicht nur der christlichen. Insofern sind gläubige oder religiös beeinflusste Menschen eher skeptisch, was die Fähigkeit der Menschen angeht und neigen stattdessen dazu, „größeren“ Mächten Kompetenz zuzugestehen, im konkreten Fall eben Algorithmen, weil die gewissermaßen „von oben“ kommen. Allerdings sind diese mächtigen Algorithmen auch nichts anderes als der verlängerte Arm der Menschen, denn sie sind schlichtweg Software, wenn auch sehr ausgeklügelte.
Was lehrt uns das? Nicht alles, was „von oben“ kommt, ist automatisch gut bzw. zuverlässig. Auch der Glaube ist kein Grund, den Verstand „an der Garderobe abzugeben.“ Sich auf Gott zu verlassen entbindet uns nicht, verantwortlich dort zu handeln, wo es uns möglich ist. Schließlich hat Gott den Menschen mit der Fähigkeit des kreativen und verantwortungsvollen Schaffens ausgestattet. Dass wir als Menschen große Kompetenzen haben, bedeutet auf der anderen Seite nicht, dass es keinen Gott gäbe oder wir ihn nicht bräuchten. Spätestens, wenn wir in die Grenzbereiche des Lebens geraten, merken wir, dass rein menschliche Antworten versagen, von Algorithmen ganz zu schweigen.