
Die Händler klagen, weil die Umsätze wegbrechen, die sie normalerweise zu Weihnachten erwarten konnten. Das kann ihre Existenz gefährden. Die Impfgegner klagen, weil man sie möglicherweise zwingen will, sich impfen zu lassen. Sie fürchten die Folgen. Die Impfbefürworter klagen, weil sie sich durch die Rücksichtslosigkeit der Impfgegner in ihrem Bemühen um Gesundheit bedroht sehen. Auch sie fürchten die Folgen. Die Eltern klagen, weil ihre Kinder nicht schon früher eine Impfung bekommen konnten. Andere Eltern klagen, weil man jetzt mit der Impfung nicht einmal vor ihren Kindern halt macht. Die Ärzte klagen, weil sie nicht genug Impfstoff bekommen. Die Boosterwilligen klagen, weil sie Schlange stehen müssen … und so ließe sich die Reihe fortsetzen. Klagen, Proteste und Beschwerden. Man redet von gespaltener Gesellschaft, manche Medien heizen das Gerede an. Tumulte auf den Straßen, die der Polizei alles abverlangen, Mordpläne und physische Bedrohungen gegen Politiker, die doch von den Menschen demokratisch gewählt wurden, Lieferkettenprobleme, Chipmangel. Werden wir genug Geschenke für Weihnachten finden? Und im Kontrast dazu Millionen von deutschen Familien, die unter 60% des Einkommens haben, das für normal gehalten wird und deshalb per Definition als „arm“ gelten. Was wird das für ein Weihnachten?!
Andererseits: Brauchen wir wirklich erst wieder ein Weihnachten mit Geschützdonner und Fliegeralarm, um zur Besinnung zu kommen? Vor 77 Jahren war das das Weihnachten in unserem Land. Da waren die Väter „im Felde“, erfroren und verhungert an der Ostfront oder in Kriegsgefangenschaft. Die Mütter gingen in die Munitionsfabrik und doch reichte die Produktion nicht, um sich gegen die übermächtigen Feinde verteidigen zu können, die man wenige Jahre zuvor voller Selbstherrlichkeit im Herrschaftswahn angegriffen hatte. Die sich mit breiter Brust als Herrenmenschen ausgaben und meinten, ihre „Rasse“ sei evolutionär der anderen überlegen, endeten kläglich und feige. Und am Ende dieser merkwürdige Eifer, die „Beweise“ beiseite zu schaffen. Ist solches Verhalten nicht Beweis genug (ähnlich wie am Ende der DDR)? Weihnachten 1944 spielten die Kinder in den Trümmern deutscher Städte, die einst Zeugen von Kultur und Geschichte waren.
Was für ein Kontrast! Ist es fair, solche Vergleiche zu ziehen? Ich glaube Ja, denn viele der Menschen, die jetzt hier am liebsten alles zerschlagen würden, haben offensichtlich nicht vor Augen, was die Alternative wäre. Aus Wutbürgern würden Trümmerbürger. Und am Ende stünde der Tod, meist der Unschuldigen. Wer nur dafür lebt, einen Feind zu töten, hat wenig Kompetenz, das Leben zu bewältigen. Die afghanischen Taliban haben ihr Ziel erreicht und alle Fremden aus dem Land geworfen. Jetzt fehlt die Kompetenz, die Leute zu ernähren, die sie befreien wollten. Und zugleich schneiden sie den jungen Mädchen und Frauen eine gebildete Zukunft ab. Herrenmenschen auf andere Art, die nun auf Hilfe derer angewiesen sind, die sie des Landes verwiesen haben. Es ist immer wieder der gierige Griff nach Macht von Wenigen, der die Vielen ins Unglück stürzt.
Da kam Jesus. Das wehrlose Baby, beinahe schon als Kleinkind ermordet und beizeiten mit den Eltern auf der Flucht. Er hatte ein völlig anderes Programm. „Wer unter euch groß sein will, der sei euer Diener.“ Das hat er vorgelebt, er, der mühelos gewaltig Auftreten und die Herrscher und Armeen der damaligen Zeit von der Landkarte hätte wischen können. Aber nein, es ist die Krippe, der Stall und am Ende das Kreuz. Wenn wir von diesem Geist etwas in unserem Weihnachtsfest leben könnten! Dann würden wir auch das zweite Kommen von Jesus als Hoffnung vor uns sehen, bei dem die Dinge zurechtgerückt werden, die wir einfach nicht hinbekommen in unserer Welt. Dann würden wir aufeinander zugehen, nach Kompromissen und Verstehen suchen und einander den Raum lassen, den jeder zum Atmen braucht. Lieber alle etwas weniger als Viele nichts.
Ich wünsche uns allen ein friedliches, gesegnetes Weihnachten.